Parkieren in Glarus, Stau im Klöntal oder Lärmschutz in Mitlödi: Erstaunlich, wie konsequent wir beim Verkehr dem Verkehr aus dem Weg gehen.
Wer den Artikel Lärmen, bis Geld fliesst über den Lärmbetroffenen in Mitlödi liest, erfährt zwar, dass der Kanton die Lärmschutzverordnung nicht einhält.
Was er aber nicht erfährt: Während Schweizer Kantone und Gemeinden Steuergelder für Fenster, Strassenbeläge oder Schutzwände in die Hand nehmen müss(t)en, kaufen und fahren die Menschen immer mehr Autos.
Seit 1985 haben die Personenwagen im Kanton Glarus um 77 Prozent zugenommen. Die Bevölkerung ist dagegen nur um gut vier Prozent gewachsen.
Die Lärmschutzverordnung ist 1986 in Kraft getreten. Bei soviel Autos mehr wird jede Lärmschutzmassnahme der öffentlichen Hand sofort von neuem, privat verursachtem Lärm geschluckt.
Wie im Artikel ausserdem zu erfahren ist, taugen Schallschutzfenster nicht gegen Lärm. Tauglich sind Massnahmen an der Lärmquelle, der Strasse. Mal ehrlich: Die Fahrzeuge sind die Quelle. Und die werden nicht nur mehr, die werden auch grösser und lauter.
Lauter werden viele künstlich gemacht: durch Klappenauspuffe, Soundgeneratoren oder Löcher im Auspuff.
Lärmbetroffene und Polizei haben kaum juristische Handhabe oder personelle Kapazität, dem Problem zu begegnen. Das Fenster hingegen verhält sich im ganzen Spiel ziemlich leise und muss auch mal offen stehen können.
Die Kosten und gesundheitlichen Folgen des privat verursachten Lärms müssen die Öffentlichkeit und die Betroffenen bezahlen. Das Geld verpufft in kaum wirksamen Massnahmen.
Wirksam ist aber, Hersteller, Händler und Lenker in die Pflicht zu nehmen. Der Trend ist leider seit Jahrzehnten umgekehrt. Für den Kampf dagegen steigt kaum ein Politiker in den Ring, der eine Karriere über die laufende Legislatur hinaus anstrebt.
Aussichtslos ist die Lage aber nicht. Allem voran können wir uns vom Auto emanzipieren sowie als Lenker bewusster, effizienter, leiser und respektvoller fahren.
Wir können bei Händlern nach leiseren Fahrzeugen und Pneus nachfragen sowie unser Umfeld sensibilisieren.
Die Medien können mehr und andere Hintergründe beleuchten – mit genügend bereits vorhandenen Zahlen über gesundheitliche sowie volkswirtschaftliche Folgen und mit Vergleichen zu anderen Regionen.
Nicht zuletzt braucht es aber auch lokal und national tätige Politikerinnen und Politiker, die sich – entlang der gesundheitswissenschaftlichen Evidenz des Strassenverkehrslärms – furchtlos für fortschrittliche Mobilitätsmodelle einsetzen sowie selbstbewusste Behörden, die den Dialog in der Bevölkerung ankurbeln.
Update
Im Kanton Aargau gibt es eine Politikerin, die sich furchtlos für mehr Ruhe und weniger Strassenverkehrslärm einsetzt: Der Bundesrat unterstützt eine Motion der Umweltkommission des Nationalrates. Ausgelöst hatte sie die Aargauer SP-Nationalrätin Gabriela Suter.
Quelle: Diesen Beitrag durfte ich ursprünglich als Leserbrief in den Südostschweiz Glarner Nachrichten publizieren.
Den finde ich im Browser-BallettEinspieler herrlich: «Fakt ist: Bei Unfällen sterben deutlich mehr Rad- als SUV-Fahrer.»