Mal wieder sitze ich im Zug von Einsiedeln nach Hause und rekapituliere. Nicht unbedingt den heutigen Tag, aber die Geschichte über Einsiedeln, die in den letzten Wochen erzählt wird.
Vor elf Jahren regte ich mich über einen Teil dieser Geschichte auf und schrieb einen wütenden Leserbrief über den drohenden Verlust des Regionalspitals Einsiedeln. 2019 wurde es von der AMEOS-Gruppe gerettet.
Für die AMEOS-Gruppe arbeiten laut eigener Website über 17'000 Menschen, die jährlich über 500'000 Patient:innen an über 50 Standorten in der Schweiz, Deutschland und Österreich versorgen.
Tönt gut und immerhin übernahm diese Gruppe nach einigen Versuchen der früheren Betreiberin das verlustreiche Spital. Inzwischen haben alle Assistenzärzte gekündigt – um Patient:innen zu versorgen also eher ungünstig.
Heute bin ich nicht mehr so entsetzt wie 2011. Eher gelangweilt: Ist ja klar, dass auf Profit getrimmte Gesundheitsversorgung früher oder später zum Abbau des Service Public und zu einem ungerechten Gesundheitssystem für Patient:innen und Personal führt.
Dafür sind die Medien entsetzt. Immerhin bringt zum Beispiel der Blick das Geschäftsmodell von AMEOS. Meine Kritik von 2011, dass ein reicher Kanton in einem reichen Land sich nicht einmal mehr die Gesundheitsversorgung für eine ganze Region leisten will, taucht nicht auf.
Inzwischen wälzen wir uns mit weltweiten Pandemien herum, die in unseren Breitengraden in erster Linie eine Frage der Kapazitäten in den Spitälern ist – vor allem Personalkapazitäten.
Immerhin hat in dieser Zeit die Schweizer Stimmbevölkerung die Pflegeinitiative angenommen. Doch aufzuatmen gibt es deswegen nichts. Es fehlen immer mehr Fachkräfte und es wechseln immer mehr den Beruf.
Wie weit sich die Situation noch zuspitzt, zeigen vielleicht Privatisierungsbeispiele wie Einsiedeln. Seinen Ruf als Arbeitgeber hat das Spital wohl für eine Weile verspielt. Mitarbeitende im Gesundheitswesen können sich gerade selber aussuchen, wo sie wirklich arbeiten wollen.
Ob es jetzt wieder nötig wird, dieses Spital zu retten? Wenn ja, dürfte sich die öffentliche Hand schon mal überlegen, ob ein derart wichtiger Service Public wie die Gesundheitsversorgung tatsächlich rein finanziell rentieren muss – also die Verantwortung weiterhin in die Privatisierung abgeschoben wird.
Zugegeben: Natürlich ist ein Spital ein Wirtschaftsfaktor. Einerseits, weil es Arbeitskräfte wieder gesund macht und andererseits, weil es Arbeitsplätze bereitstellt.
Sind die Arbeitsbedingungen gut, die Löhne auch bei Teilzeit anständig und der Lebensraum attraktiv, dann arbeiten an diesen Arbeitsplätzen lauter Steuerzahler:innen und Konsument:innen für eine ganze Region.
Die Geschichte des Spitals Einsiedeln stellt AMEOS übrigens recht übersichtlich dar. Dort wird sie sogar länger fortgeschrieben als auf der Website des Bezirks Einsiedeln mit dem letzten Vermerk zum Jahr 2005.
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