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AutorenbildEisbär

Der Eisbär – der Aufbruch

Das Märchen geht weiter – das einzige, das ich bisher geschrieben habe. Ich war 20 oder 21 Jahre alt, als es entstand. Teil eins endete damit, dass der einst kugelrunde Eisbär aus Traurigkeit seine Form verlor. Sein Pelz begann, Falten zu werfen.



Eines Tages entschied er sich, sein Reich auf dem Grund des runden Meeres zu verlassen, um auf den holprigen Strassen der Erdoberfläche einen Eisbären-Psychiater zu finden. Um nicht aufgehalten zu werden, machte er sich bei Nacht und Wellengang aus dem Meeresstaub und schwamm hinauf an die Oberfläche.


Als er oben ankam, schien auf der Erde bereits das Tageslicht. Er kannte dieses Licht von einem Erlebnis in seiner Kindheit, als er ein einziges Mal in seinem Leben für eine Woche auf Grönland in den Eisbärenferien war. Doch an Einzelheiten konnte er sich nicht mehr erinnern.


Völlig erschöpft vom Auftauchen wollte er sich hinsetzen und ausruhen. Doch er traute sich nicht aus Angst, mit seinem Gewicht wieder etwas zu zerstören. Dass das nicht mehr möglich war – er war inzwischen spindeldürr wegen seiner Traurigkeit – war ihm nicht bewusst. Er machte sich also umgehend auf die Suche nach der nächsten Eisbären-Klinik mit psychiatrischer Abteilung, ohne sich vorher vom anstrengenden Schwimmen erholt zu haben.


Nach dem stundenlangen Fussmarsch hatte er so starken Durst, dass er beinahe einen ganzen See austrank, der neben der Strecke lag. Nur noch ein dünner Wasserfilm bedeckte dort die Erde, wo der See noch vor einigen Minuten voller Wasser war. Als der Eisbär bemerkte, was er angestellt hatte, brüllte er so laut, dass auch noch die letzten Wassertropfen vor Angst davonrannen.



Er verstand die Welt nicht mehr. Überall wo er war, passierte ein Unglück. Er begann wieder seine kugelrunden, riesengrossen Eisbärentränen zu weinen. Er weinte soviel davon, dass der See wieder im Nu voller Wasser war. Er bemerkte es nicht und ging weinend weiter seinen Weg Richtung Eisbären-Klinik. Er ging und ging – tagelang, wochenlang ohne je wieder was zu trinken.



Was vorher geschah, ist in Teil eins, und wie es weiter geht, ist irgendwann an dieser Stelle in Teil drei zu erfahren.

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