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Ein Sommer zum Festhalten

Endlich ist Sommer – einer, den ich am liebsten festhalten würde. Die Zeit anhalten, bevor die nächste Pandemie um sich greift, die Energie ausgeht, die Ernte ausfällt, die Inflation Existenzen bedroht, noch mehr Krieg ausbricht und wieder nichts mehr sexy ist.


So ähnlich hat die dreizehnte Fee mit ihrem zweiten Keine-Neuigkeiten-Brief genervt. Ganz alles, was sie vom Sommer noch so hält, hatte dann doch nicht Platz darin.


Jedenfalls ist es ein Sommer nach einer langen Zeit, in der sich der Fee haufenweise Gelegenheiten boten, sich einzumischen und vor Situationen zu warnen, die zu allem Möglichen führen – ausser zu einer Zeit, die sie am liebsten festhalten würde.



Am Ende dieser langen Zeit, die für die Fee und mich schon eine ganze Weile vor dem 16. März 2020 lang dauerte – vor diesem Sommer zum Festhalten also – fastete, kandidierte und politisierte ich mit der Fee. In der aktuellen Zeitqualität sind meine Bedürfnisse primitiver – schliesslich ist jetzt vor allem eines: Sommer.


Jedenfalls geht es mir diesen Sommer gut. Meine Schmerzen sind auf ein total erträgliches Niveau gesunken und deswegen fühle ich mich selber wieder anders an. Wie lange die Schmerzfreiheit auch immer anhält: Solange es so ist, will ich es geniessen und nutzen.



Der schöne Sommer hat den Vorteil, sich guten Momenten hingeben zu können, weil es reihenweise davon gibt. In einem solchen Moment bin ich neulich an einen Ort zurückgekehrt, wo ich mich vor ungefähr 30 Jahren etwas Gutem hingab. An diesem Ort steht auf einem Schild:


«Liebe und Verbundenheit machen Hingabe möglich.»

Damals hatte ich das Schild gar nicht beachtet – oder es stand noch nicht da.


Jedenfalls ist dieser Moment bis heute gut geblieben. Was ich damals um diesen Moment herum baute, war allerdings eine Illusion, die mit zu viel Schmerz verbunden war, wenn sie auf die Realität traf.


Irgendwie kommt es mir bei diesem Sommer genau so vor: Er hat wirklich viele gute Momente, in denen es sich lohnt, sich ihnen hinzugeben. Die guten Momente in einen Dauerzustand zu transformieren, ist aber eine Illusion. Denn Glück ist zum Glück kein Dauerzustand – das wäre mit der Zeit echt anstrengend.



30 Jahre älter gelingt es mir hoffentlich, die Grenze von den Momenten zur Illusion zu erkennen. Allein der Prozess und die Selbstbeobachtung sind zum Glück so spannend, dass es mit diesem Sommer eigentlich nur gut kommen kann.


Was davon übrig bleibt, lässt sich weder voraussagen noch erzwingen. Sowas wie ein Minimalziel könnte sein, sich später an die guten Momente dieser Zeit erinnern zu können. Damit das gelingt, braucht es die Hingabe, weil sonst die guten Momente nicht zustande kommen. Danach gilt es aber wieder loszulassen.


Schliesslich geht halt irgendwie alles vorbei – auch dieser Sommer. So war es auch mit einer meiner liebsten TV-Serien. Mit der fünften Staffel war Schluss mit Six Feet Under ohne Wenn und Aber.



Der Abschlusssong Breathe me von Sia passt gut zu meinem Sommer. Atmen hilft mir nämlich beim Geniessen genauso wie ein Gebet, das ich auf der Rückkehr an den Ort des guten Moments vor 30 Jahren wieder entdeckt habe.


Wem «Mein Herr und Gott» zu viel ist: Das lässt sich zum Beispiel durch «Meine Liebe und meine Verbundenheit» ersetzen.


Mein Herr und mein Gott,

nimm alles von mir,

was mich hindert zu Dir.


Mein Herr und mein Gott,

gib alles mir,

was mich fördert zu Dir.


Mein Herr und mein Gott,

nimm mich mir

und gib mich ganz zu eigen Dir.


Bruder Klaus Gebet


Damit das hier nicht nur religiös endet, aber das Meditative durchaus bleibt, gibt es noch ein Lied, das helfen könnte, spätestens im Herbst vom Festhalten ins Loslassen des Sommers zu kommen.



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