Ja, es ist gerade eine schwierige Zeit: Die Menschen gehen wegen allem Möglichen mit aller Wucht aufeinander los. Auch das Glarnerland bleibt nicht verschont davon.
Egal, ob es um die Verantwortung von Unternehmen geht, die ungestraft Umwelt und Menschen gefährden, oder um unsere Vorsorgewerke, die ihre Renditen mit Investitionen in Kriegsmaterial erwirtschaften.
Egal, ob es um ein zwar geliebtes Glarner Traditionsunternehmen geht, das aber mehr Treibhausgase verursacht, als alle Gebäude im ganzen Kanton, oder um eine rasant wachsende Zahl extralauter Fahrzeuge, die ohne technische Not schonungslos krankmachenden Lärm verursachen.
Menschen und Organisationen, die solche Ungerechtigkeiten aufs Tapet bringen, werden an den Pranger gestellt. Selbst NGOs und Landeskirchen sind der wutentbrannten Masse ausgesetzt.
Auf dem «Land», wo jeder jeden kennt, belasten solche Entgleisungen das Miteinander unmittelbar. Die massive Kampagne gegen den Windpark in Glarus Nord oder der heftige Widerstand gegen die neue Parkierungsordnung in Glarus gehörten zu den Vorboten der herrschenden Atmosphäre.
Ja, wir haben inzwischen noch eine Pandemie am Hals, die uns an den Rand der Verzweiflung drängt. Ausgerechnet bei einer derart riesigen Herausforderung giesst das latente Gegeneinander aber nur noch mehr Öl ins Feuer. Dabei befanden wir uns schon vor der Pandemie in einer handfeste Krise.
Warum bloss sind wir in einer Situation, die uns alle gemeinsam so richtig betrifft, immer noch nicht bereit, uns von der viel zu einfachen Einteilung in Gegner und Befürworter oder in Gut und Böse zu lösen?
Vermutlich ist es die Angst der einen, die viel zu verlieren haben, die auf die Furchtlosigkeit der anderen trifft, die noch nie gewonnen haben. Dadurch verstehen sich die Menschen immer noch weniger – obwohl sie immer noch mehr Gelegenheit haben, sich über alles Mögliche zu äussern.
Aber ja, es ist gerade auch eine spannende Zeit: Die Welt verändert sich und sie tut es schnell – ob wir es wollen oder nicht.
Wenn wir weiterhin «divide et impera» auf den Leim gehen, verpassen wir den Anschluss an eine neue Welt, die durchaus weniger von Siegern und Verlierern, als von Gemeinschaft und Respekt geprägt sein könnte. Ja, das tönt moralisch. Und genau so ist es auch gemeint.
Quelle: Diesen Beitrag durfte ich ursprünglich als Leserbrief in den Südostschweiz Glarner Nachrichten publizieren.
Comentários