Heute ist die letzte Möglichkeit der brieflichen Abstimmung für die Vorlagen und Wahlen vom 22. September. Ich versuch's drum noch einmal, dem grossen Fressen ein Ende zu setzen.
Fragst du dich auch, warum sich Wirtschaftsverbände eigentlich für die BVG-Revision einsetzen? Sie kostet die Arbeitgeber schliesslich mehr Beiträge. Während sie die 13. AHV-Rente zu teuer, verantwortungslos und unsozial nannten, sprechen Wirtschaftsvertreter bei der BVG-Revision von mehr Sicherheit, Gerechtigkeit und Solidaritätsgemeinschaft.
Durch meine 15 Arbeitsjahre im BVG-Sammelstiftungs- und Pensionskassengeschäft und meine Diplomarbeit zur damaligen ersten BVG-Revision kenne ich mich in der undurchsichtigen beruflichen Vorsorge recht gut aus. Dafür bin ich dankbar.
Längst bin ich in einer anderen Branche und inzwischen mit einem tiefen Teilzeitpensum angestellt, um genug Zeit und Energie für Freiwilligenarbeit und die Selbständigkeit zu haben. Mein Arbeitgeber hat sich für eine BVG-Lösung ohne Koordinationsabzug und mit Berücksichtigung des Teilzeitgrads entschieden. Das zeigt: Was als zentrale Errungenschaft der Revision angepriesen wird, ist auch ohne sie möglich.
Die BVG-Revision zwingt 4,5 Millionen Beschäftigte dazu, durch Lohnabzüge und Rentensenkungen jährlich über zwei zusätzliche Milliarden Franken in die bereits vollen Reservetöpfe der Pensionskassen umzuleiten.
Dabei sind die Renten schon seit 2002 um 40 Prozent gesunken und die Lohnbeiträge seit 2015 um 15 Prozent gestiegen – ganz zu schweigen von den steigenden Gebühren für Versicherte und Arbeitgeber.
Die Frage lautet also: Wie lange schauen wir dem grossen Rentenfressen noch zu?
Solidarisch ist diese Revision in erster Linie mit der Finanz- und Versicherungsindustrie. Der Zugang zum BVG für Teilzeitangestellte und die Senkung des Umwandlungssatzes haben nichts miteinander zu tun.
Ersteres lässt sich auch so einführen. Zweiteres ist nicht nötig. Schliesslich entlarven sich auch die besseren Arbeitsmarktchancen älterer Arbeitssuchender als ein Scheinargument.
Eigentlich dürfte diese Revision gar nicht dem Volk vorgelegt werden. Sie ist eine Zumutung. Wer nein zur BVG-Reform stimmt, weil die eigene Rente sinkt, übernimmt Verantwortung für sich und verhält sich solidarisch mit vielen anderen.
Denn die Leidtragenden sind die über 45-Jährigen mit Jahreslöhnen ab 65‘000 Franken. Sie müssen mit höheren Beiträgen, geringeren Renten oder beidem rechnen.
Wer ja sagt, um als Geringverdienerin oder -verdiener endlich ins teure BVG aufgenommen zu werden, hat am Ende als Bezügerin oder Bezüger von Ergänzungsleistungen nicht mehr Rente als heute schon in Aussicht, aber viel dafür bezahlt.
Diese BVG-Revision verursacht mehr Schaden als Nutzen bei den Versicherten. Zudem müssen auch die Arbeitgeber tiefer in die Tasche greifen, um ihre Fachkräfte schlechter abzusichern. Employer Branding geht anders. Stimmen Sie deshalb ruhig Nein zur Reform der beruflichen Vorsorge und schicken Sie diese Zumutung zurück an den Absender.
Quelle: Dieser Beitrag ist ursprünglich als Leserbrief in den Glarner Nachrichten erschienen.
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