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Das beste Pferd füllt den Kühlschrank

Gerade weibelt eine andere Dreizehnte für ein Ja herum. Sie will heute und künftig Pensionierten helfen, die steigenden Lebenskosten zu bezahlen. Tönt interessant. Deshalb stelle ich meiner sozialpolitischen Schwester sieben verflixte Fragen.


Fragen zur 13. AHV-Rente hat auch die Wochenzeitug WOZ in der Ausgabe vom 18. Januar 2024 zusammengestellt.



Die meisten von uns wollen alt werden. Und wir alle haben ein Alter in Würde verdient – gestern, heute und morgen. Darauf müssen wir setzen. Dann sind wir die Gemeinschaft, die sich Schweiz nennt. emotionales.Argument von Fee für die 13. AHV-Rente

Am 3. März 2024 geht es bei zwei eidgenössischen Abstimmungen um die Altersvorsorge. Die Initiative für eine 13. AHV-Rente will die Säule stärken, die allen zugute kommt und rentiert. Die Renteninitiative will die Menschen länger arbeiten lassen, die es sich nicht leisten können, früher aufzuhören. Hört sich gegensätzlich an. Ist es auch.


1. Warum braucht es die 13. AHV-Rente?


Kurze Antwort


Damit die Menschen ihren Kühlschrank füllen können.



Ausführlichere Antwort


Weil Mieten, Krankenkassenprämien und Preise für Lebensmittel und Energie steigen, reichen die Altersrenten immer weniger weit. Die Teuerung frisst eine ganze Monatsrente weg. Eine 13. AHV-Rente kompensiert diesen Verlust und stärkt die Kaufkraft.


Sinn und Zweck der Alters- und Hinterbliebenenversicherung (AHV) ist die Existenzsicherung (Wohnen, Ernährung, Kleidung, Bewegung, Gesundheit, Information) nach dem Erwerbsleben. Die monatliche AHV-Rente liegt heute zwischen 1'225 und 2'450 Franken. Ehepaare müssen gemeinsam mit 150 Prozent einer einfachen Rente auskommen, also mit maximal 3'675 Franken für beide. Das ist in allen Fällen zuwenig für die Existenz.


Und im Fall


Das Existenzminimum wird je nach Einsatzgebiet anders berechnet. Im Jahr 2020 betrug die Armutsgrenze in der Schweiz 2'279 Franken pro Monat für eine Einzelperson. Das sind haarscharfe 171 Franken an einer maximalen AHV-Rente vorbei. Tatsächlich braucht ein Mensch in der Schweiz für seine Existenzsicherung eher 4'000 Franken im Monat.



Dabei erhalten noch lange nicht alle eine AHV-Maximalrente, weil die Rentenhöhe von Beitragsjahren und durchschnittlichem Jahreseinkommen abhängt. Wer sich also unbezahlt um Angehörige kümmert oder ehrenamtlich arbeitet und deshalb Teilzeit erwerbstätig ist, oder wer einfach wenig verdient, wird mit einer tieferen Rente bestraft.


2. Wie wird die 13. AHV-Rente finanziert?


Kurze Antwort


Das Umlageverfahren ist eine einfache und funktionierende Einnahmen- und Ausgabenrechnung.


Ausführliche Antwort


Zur Finanzierung der 13. AHV-Rente und der anderen zwölf Monatsrenten sprudeln verschiedene Quellen. Die AHV basiert auf dem Umlageverfahren. 73 Prozent der heutigen Renten finanzieren die heutigen lohnabhängigen Beiträge der Erwerbstätigen (4,35 Prozent) und ihrer Arbeitgeber:innen (4,35 Prozent).


Die AHV ist in erster Linie abhängig von der Lohnsumme und nicht von der Anzahl Rentner:innen. Die Gesamtlohnsumme hat sich in den letzten 20 Jahren fast verdoppelt. Michael Elsener, Comedian

20 Prozent steuert der Bund bei aus Fiskalabgaben auf Tabak und Spirituosen sowie aus allgemeinen Bundesmitteln – wie er es zum Beispiel auch für das Militär, die Landwirtschaft oder die Strassen macht. Der Rest stammt vom Demografieprozent der Mehrwertsteuer und von der Spielbankenabgabe.





Und im Fall


Mit Jahrgang 1948 ist die AHV selbst schon pensioniert und fit wie ein Turnschuh. Gerade macht sie jedes Jahr Überschuss und hat drei Milliarden Franken mehr in der Kasse, als sie braucht. Bis 2030 wächst der AHV-Fonds auf über 67 Milliarden Franken an. Danach sieht es zwar nach Verlust aus – es stellt sich also sowieso die Finanzierungsfrage zum Beispiel mit einer Erhöhung der Lohnprozente um 0,4 Prozent.


Das wäre, falls überhaupt ab 2030 nötig, ein schlauer Ansatz, weil bei der AHV die Lohnbeiträge auf dem gesamten Lohn berechnet werden, die AHV-Rente aber maximiert ist. Wer eine Million im Jahr verdient und darauf 8,7 Prozent bezahlt, erhält also maximal nicht mehr als eine normalverdienende Person ohne Beitragslücken. Durch diese Umverteilung zahlen 92 Prozent der Menschen weniger ein, als sie mit ihrer Rente erhalten.





Den an die Wand gemalten teuflischen Millionären gibt es also nicht. Würde zum Beispiel der UBS-Chef im Falle einer Beitragserhöhung zur Finanzierung der 13. AHV-Rente pro Monat 4'400 Franken mehr bezahlen, würde er nur 204 Franken mehr Rente bekommen.





Die Millionäre brauchen die AHV also tatsächlich nicht, aber die AHV braucht die Millionäre. Keine Bange: Soviele arme Milionäre gibt es selbst in der Schweiz nicht.


3. Was bedeutet die 13. AHV-Rente für die Jungen?


Kurze Antwort


Sie entlastet sie.

Die AHV entlastet die Jungen, weil sie dadurch ihre Eltern nicht unterstützen müssen. Michael Elsener, Comedian

Ausführliche Antwort


Schon in meiner Jugend plapperte ich nach, was man mir sagte: Ich kriege sowieso keine AHV mehr. Damals starb mein Vater kurz vor seiner Pensionierung. Er hatte also nichts mehr von seinen Lohnbeiträgen. Falls ich in 15 Jahren noch lebe, erhalte ich meine AHV-Rente, selbst wenn dann ihr Milliardenvermögen schrumpfen sollte. Davon bin ich überzeugt.



Meine Aussichten sind nämlich gut: 2022 schloss die AHV mit einem Gewinn von 1,6 Milliarden. Das geht die nächsten Jahre erstmal weiter so und die Wirtschaft ist nicht daran interessiert, weniger zu produzieren – das würde ihrem Naturell schlicht widersprechen.


Vermögen hin oder her: Im Umlageverfahren werden die heutigen Renten mit den heutigen Einnahmen finanziert. Diese 76-jährige Generationensolidarität funktioniert auch in der Zukunft, wenn die Jungen die Alten sind. Glaube ich nicht daran, glaube ich auch nicht an die Schweiz.



Und im Fall


Weil sich die Rentenhöhe nach den Beitragsjahren und dem Jahreseinkommen richtet, ist es wichtig, dass junge Menschen von Anfang an Beitragslücken vermeiden. Regelmässig bestellte AHV-Auszüge helfen, Beitragslücken zu erkennen.




4. Was bedeutet die 13. AHV-Rente für die Alten?


Kurze Antwort


Sie können die Teuerung kompensieren.


Ausführliche Antwort


2021 betrug die durchschnittliche Rente aus allen drei Säulen der Altersvorsorge von Frauen in der Schweiz 35'442 Franken; jene der Männer 52'735 Franken. Pro Monat sind das 2'954 bzw. 4'395 Franken.


Der Gender Pension Gap entspricht 32,8 Prozent und hat sich während der letzten Jahre kaum verändert. Pensionierte Frauen stehen schlechter da als ihre männlichen Pendants, weil sie weniger verdienen und oft nur eine Rente aus der ersten Säule haben.



Doch auch bei den Männern gilt: Die sehr gut Verdienenden heben den Durchschnitt. Gut möglich also, dass es auch ein Mann kaum über 3'000 Franken im Monat schafft. Die Hälfte davon geht gut und gern allein für die Miete drauf.


Übrigens hat die berufliche Vorsorge den Zweck, nach dem Erwerbsleben zusammen mit der AHV-Rente die gewohnte Lebenshaltung fortsetzen zu können.


Und im Fall


Als junger Mensch dachte ich, ich wäre mit 20'000 Franken reich. Danach wurde mir klar, in der Schweiz selbst dann nicht wirklich reich zu sein, wenn 100'000 Franken auf der hohen Kante liegen.


100'00 Franken sind auch die Schwelle, bis zu der Menschen mit tiefen Renten Vermögen haben können, um Ergänzungsleistungen (EL) zu beantragen. Die EL wurden 1966 als Provisorium eingeführt mit der Aussicht, dass die AHV künftig für den Existenzbedarf reicht.


Um EL zu erhalten, durchlaufen Betroffene einen komplizierten und entblössenden Prozess. Das hält viele davon abhält, einzufordern worauf sie Anspruch haben.



Seit 1. Januar 2024 sind die EL gekürzt. Ein Drittel der Bezüger:innen, die schon vorher knapp an der Armutsgrenze lebten, fallen also in ihrem letzten Lebensabschnitt noch tiefer.


5. Was bedeutet die 13. AHV-Rente für Unternehmen?


Kurze Antwort


Ein wertvolles Argument für das Employer Branding.


Ausführliche Antwort


Produktion liegt in der Natur eines Unternehmens, damit es was verdient. Dazu braucht es Arbeit, Boden und Kapital. In den letzten Jahren fehlen den Schweizer Unternehmen vor allem die Arbeitskräfte. Die Konkurrenz unter den Arbeitgeber:innen ist also gross und traditionell werben Schweizer Unternehmen und Standorte Fachkräfte aus dem Ausland an.


Der wirtschaftlich bedingte Zuzug von Arbeitskräften führt nicht nur zum (also gewollten) Bevölkerungswachstum, sondern auch zu AHV-Beiträgen auf Löhnen der Immigrant:innen. Um die Besten unter den ausländischen Fachkräften im hart umkämpften Arbeitsmarkt für sich zu gewinnen, punktet ein Schweizer Unternehmen mit der starken AHV als verlässliche Säule der Altersvorsorge.


Und im Fall


Retner:innen sind auch Konsument:innen. Die braucht ein produzierendes Unternehmen, denn ohne Absatz kein Umsatz.


6. Wie funktioniert das mit der Altersvosorge?


Kurze Antwort


Mit dem schweizerischen Dreisäulensystem.


Ausführliche Antwort


Comedian Michael Elsener erklärte das Ganze schon bei der Abstimmung zur Rentenaltererhöhung der Frauen so, wie es auch heute noch gilt.



Und im Fall


Die durchschnittliche AHV-Rente beträgt laut AHV-Statistik 2022 bei einem verwitweten Mann 2'237 und bei einer verwitweten Frau 2'193 Franken. Bei der Pensionkasse sind es laut smilio.ch im Schnitt bei Männern 2'971 und bei Frauen 1'533 Franken.


Die Pensionskassen – also die zweite Säule, die berufliche Vorsorge – gehen weniger sorgfältig mit dem Geld um als die AHV – also die erste Säule, die staatliche Vorsorge: Die AHV-Beiträge liegen bei 8,7 Prozent und die Pensionskassenbeiträge bei 14 Prozent des Lohnes.


Kommt dazu: Während die AHV jährlich 220 Millionen Verwaltungskosten generiert, sind es bei den Pensionskassen fünf Milliarden – also 5000 Millionen. Ganz schön viel teurer gleichviel oder sogar weniger Rente. Nicht nur jede:r Öknom:in weiss eigentlich, auf welches Pferd im Vorsorgestall zu setzen ist.


Das Pferd hört auf den Namen AHV und lässt Ökonom:innen auch gleich noch von einem Milliardenvermögen profitieren, das auf dem Finanzmarkt mitspielt. Wie geil ist das denn?



7. Was läuft mit der Renteniniative?


Kurze Antwort


Nicht verwechseln.


Ausführliche Antwort


Ich habe mir die Renteninitiative für den Parteitag der SP Glarus genauer angeschaut. In einem ersten Schritt soll das Rentenalter auf 66 Jahre erhöht werden und anschliessend an die durchschnittliche Lebenserwartung gekoppelt sein.


Ein höheres Rentenalter bedeutet, länger zu arbeiten und weniger lang eine Rente zu beziehen. Das trifft also vor allem die Erwerbstätigen, auch die Jungen. Die Renteninitiative ist das pure Gegenteil der 13. AHV-Rente. Sie ist ein Leistungsabbau zu gleichbleibenden Preisen. Würde es die Menschen nicht für dumm verkaufen, wäre es genial.



Sowieso: Wer es sich leisten kann, geht schon heute früher in Rente. Normal und gering Verdienende müssten aber länger arbeiten, obwohl die Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt für ältere Arbeitnehmende schlecht sind.


Und im Fall


Schon heute arbeiten Menschen nach der Pensionierung weiter, die man noch braucht und die noch arbeiten können. Die einen müssen sogar, weil eben die Rente nicht reicht.


Die Befürworter:innen der Renteninitiative sprechen sogar von weniger Bevölkerungswachstum, weil durch die Erhöhung des Rentenalters mehr inländische Arbeitskräfte zur Verfügung stehen. Irgendwie unglaublich, dass die Wirtschaftspartei Nummer eins tatsächlich vom Schrumpfen ausgeht – passt so gar nicht zu ihrem Naturell.


Bestes Pferd im Stall


Ja, die Schweiz muss ihrer Altersvorsorge und ihrer alternden Bevölkerung Sorge tragen. Das tut sie bei der AHV, der staatlichen Vorsorge. Und das tut sie besser nicht mit Leistungskürzungen in der ersten, sondern mit Kostensenkungen in der zweiten Säule.


Die berufliche Vorsorge liegt in den Händen privater Gesellschaften – und diese bedienen sich daran jährlich mit über fünf Milliarden Franken Vermögens- und Verwaltungskosten. Da schlummert einiges an Sparpotenzial.


Zudem dürfte ein Lohnprozent aus der unrentablen beruflichen (BVG) in die verlässliche staatliche (AHV) Säule fliessen. Das wäre dann für die meisten Löhne ein Nullsummenspiel, für das beste Pferd im Schweizer Vorsorgestall aber eine sinnvolle Investition in die bewährte Generationensolidarität.



Über die Reform der beruflichen Vorsorge stimmt die Schweiz dann später im Jahr ab. Dreimal raten, worum es geht? Richtig, um Rentenkürzungen. Als Referendum zählen für das Ergebnis nur das Volks- und nicht das Ständemehr.


Für ein Ja am 3. März 2024 zur Initiative für eine 13. AHV-Rente braucht es hingegen das Volks- und das Ständemehr. Wenn es gelingt, ist es nichts weniger als ein Zeichen dafür, dass eine Mehrheit seine Nächsten wie sich selbst liebt.


Keine Neuigkeiten


Mehr über die «Initiative für ein besseres Leben im Alter» und das, was für uns Menschen damit zusammenhängt, gibt es in den Ausgaben Februar und März von «keine Neuigkeiten». Alle Ausgaben meines Newsletters sammle ich für alle Interessierten auf meiner Kontaktseite.

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