In letzter Zeit habe ich wieder viel über unntötigen Lärm gelernt – zusammen mit meinen Kolleginnen und Kollegen vom Vorstand der Lärmliga Schweiz habe ich den Versuch fortgesetzt, die Menschen auf die gesundheitlichen Auswirkungen des übermässigen Strassenlärms zu sensibilisieren.
Im letzten Quartal sind drei Beiträge im Leiser_Blog erschienen, die Ungerechtigkeiten auf der einen und Überheblichkeiten auf der anderen Seite ebenso aufdecken, wie über bereits vorhandene Lösungen und längst nötige politische Vorstösse berichten.
Der Traum vom leisen Auto platzt
Im neusten Beitrag von Sophie Ribaut geht es um E-Autos, die ab heute lauter sein müssen. Ja, richtig: lauter. Die Mindestlautstärke von 56 Dezibel ist insbesondere für blinde Verkehrsteilnehmer wichtig. Hingegen haben die Verantwortlichen es verpasst, auch eine Maximallautstärke zu definieren.
So kommt es, dass E-Autos so laut wie Benziner sein dürfen. Die Autoindustrie nützt das aus, macht künstlichen Lärm bis 75 und mehr Dezibel. Sie lässt die Chance von E-Autos wie eine heisse Kartoffel fallen, einen wesentlichen Beitrag an den Gesundheitsschutz der 1,1 Millionen Lärmbetroffenen in der Schweiz zu leisten.
Leise Strassenbeläge schützen das Klima
Dass Lärmschutz auch Klimaschutz ist, hat die Lärmliga Schweiz nicht nur mit ihrer Ja-Parole zum CO₂-Gesetz verdeutlicht. Strassenlärm reduziert sich unter anderen durch den Einsatz lärmarmer Strassenbeläge.
Der Beitrag von Peter Mohler zeigt, dass innerorts am besten semidichte Asphalt-Strassenbeläge des Typs SDA 4-16 wirken. Die Lärmabstrahlung verringert sich bis um acht Dezibel. Dieser Belag erreicht ausserdem eine kühlende Wirkung von bis zu zwölf Grad Celsius.
Lärmskandal im Schatten des Abgasskandals
Einem weit verbreiteten Irrtum widmet sich der Beitrag von Peter Ettler: Heute sind Autos leiser als früher. Das gilt leider nur für den Innenraum. Mit Blick auf viele schwere und/oder sportliche Fahrzeuge trifft sogar das Gegenteil zu: Sie werden unnötig künstlich lauter gemacht.
Zwar wurden die im Prüfzyklus einzuhaltenden Grenzwerte in den letzten Jahren gesenkt. Aber ausserhalb des Prüfzyklus – unter 20 oder über 50 Stundenkilometern, wenn er nicht erkannt oder übersteuert wird – darf es grenzenlos röhren und knallen. Das führt zu amtlich bewilligten Lärmspitzen von 100 und mehr Dezibel.
Null Gespür für Respekt und Logik
Alle Beiträge verdeutlichen: Die Strasse heizt das Klima auf – sowohl die Fahrzeuge mit Treibhausgasen als auch die Strassen durch Hitze. Und sie heizt das Klima auch im gesellschaftlichen und atmosphärischen Sinn auf, weil der Grossteil des Strassenlärms technisch vermeidbar, ergo unnötig ist.
Als nötig hingegen konstruieren ihn Hersteller, Händler und Lenker, die zu solidarischem Empfinden und logischem Denken nicht fähig sind. Ein Beispiel dazu aus dem Abarth-Forum:
«Der Abarth ist sehr laut! Mir ist bewusst, dass ich mir gerade ein super sportliches Auto gekauft habe, und ein Auto soll auch Lärm machen. Es soll röhren wie ein Hirsch. Das macht der Abarth auch von aussen. Und das ist der ober Hammer! Nur ist der 500er im Innenraum auch sehr laut. Für meinen Geschmack zu laut.»
Diese Haltung winkt lapidar den Schutz der Menschen ab, die vom zweitgrössten Gesundheitsproblem Europas betroffen sind – das grösste Gesundheitsproblem Europas ist die Luftsverschmutzung, ebenfalls mit dem Strassenverkehr als Hauptursache.
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