Diese Woche ist mein Kulturblog-Beitrag zum Autofasten erschienen. Was es sonst noch dazu an Gedanken gibt, hat bei der dreizehnten Fee Platz.
Schon im Kulturblog geht es ums Eingemachte – um das Autofahren als invasive Parallel-Kultur. Vor lauter Ohnmacht davor flüchten paradoxerweise viele Menschen mit ihrem Leben ausgerechnet in ihr Auto. Das Problem: Es sind zu viele.
Der Autor und Regisseur Klaus Gietinger vergleicht die Übermotorisierung in seinem Buch Vollbremsung mit dem Suchtverhalten von Drogenabhängigen. Die Autoindustrie erhält die Rolle als Drogenbarone.
Der Vergleich führt im Reflex zu Kopfschütteln. Es geht aber um einen tatsächlichen Ablauf im Hirn: Durch die direkte Verbindung mit der Maschine – beim Auto liegt sie beim Gaspedal – fühlt sich der Mensch bewusst oder unbewusst überlegen. Er ist schneller, lauter, grösser, stärker.
Hinsichtlich besonders teurer Autos, die in der Schweiz stark verbreitet sind, geht auch die Süddeutsche Zeitung auf die Psychologie hinter dem Phänomen ein. Selbst der Schweizer «Blick» thematisiert diese Woche den Machthunger, der zwischen Gaspedal und Lenkrad gestillt wird.
Nicht nur wegen der problematischen Machtgefühle endet die Innovation im Autogewerbe nicht bei neuen Antriebsformen, sondern weil auch E-Autos Platz brauchen, mehr als den Mindestlärm machen, mit dem Reifenabrieb tonnenweise Mikrogummi in die Luft blasen, ziemlich viel Energie benötigen und nicht zuletzt immernoch Treibhausgase verursachen.
Wie nachhaltige Mobilität über den Antriebswechsel hinaus aussieht, erklärt Peter de Haan in der SRF-Sendung «Kassensturz» vom 2. Februar 2021. Er ist Experte für Energie und Mobilität und Dozent an der ETH Zürich.
Die klassische Alternative zum eigenen Auto ist der öffentliche Verkehr. Im Gegensatz zum Autoland Deutschland ist er so gut wie in der ganzen Schweiz eine echte Alternative. Auch bei den Kosten für die Nutzer:innen kann der ÖV mit dem Auto locker mithalten – erst recht mit Blick auf die 19'860 Staustunden pro Jahr.
Gerade jetzt ist der ÖV auch für die ankommenden Flüchtlinge aus der Ukraine zentral – und gratis. Auf Cédric Wermuths Facebook-Profil habe ich diese Woche eine Haltung von ihm entdeckt, die mir gefällt.
Er schreibt, jetzt müssten die ÖV-Preise nicht nur für Flüchtlinge gratis sein, sondern für alle gesenkt werden. Er weist darauf hin, dass die Alliance Suisse Pass den ankommenden Menschen aus der Ukraine den Gratis-ÖV deshalb biete, weil der administrative Aufwand für die Behörden zu hoch und das Ganze mit vielen Behördengängen vebunden sei. Das träfe allerdings auf alle Menschen im Asylprozess zu.
Zudem steigen auch für Inländer:innen in nächster Zeit die Lebenshaltungskosten. Dabei steigen die Preise für den ÖV seit Jahren stärker als die Einkommen vieler. Schon heute kämpfen bei uns hunderttausende Menschen mit finanziellen Problemen.
Die Senkung der ÖV-Kosten sei richtig, aber für alle, fordert Wermuth deshalb zurecht. Und das müsse geschehen, bevor die Ungerechtigkeiten zu Spannungen führten.
Gerade deshalb steckt ein grosses «Pfui» hinter der überheblichen Forderung einer Benzinpreisbremse für Menschen, deren Autos teurer sind als eine erneuerbare Heizung. Über Unterstützung für den systemrelevanten Strassenverkehr und Tankgutscheine für Härtefälle lässt sich reden. Allen anderen stehen andere Alternativen bereit.
Wer Tipps braucht, der Ohnmacht im eigenen Auto zur entfliehen: Die NGO umverkehR hat den Zehn-Punkte-Plan der Internationalen Energieagentur (IEA) zur Reduktion des Erdölverbrauchs veröffentlicht – das Ganze liesse sich schon längst sanft und freiwillig machen.
Weil das bisher alles andere als funktioniert hat, droht nun die harte Veordnung. Dass dafür ein zerstörerischer Krieg nötig ist, der vermutlich immer noch nicht reicht, und dass damit einher wahrscheinlich ein gewaltiger Aufstand der Machthungrigen hinter dem Lenkrad geht, zeugt vom bedenklich kaputten Zustand unserer Gesellschaft.
Wer es immer noch nicht schon auf der Strasse mit Augen, Ohren und Nase erkennt, erfährt auch im Kulturblog der Glarner Agenda mehr darüber, warum Autofahren invasiv und Autofasten nötig ist.
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