This is not America
- Gratis und Franko

- 18. Sept.
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 22. Sept.
Auch die Plagiatsabteilung dieses Blogs sorgt sich um den Zustand der Welt. Gratis und Franko sind auf der Suche nach einer anderen Information auf einen Leserbrief in der Online-Ausgabe der Südostschweiz gestossen.
Dessen Autor verlangt am Ende seines Textes: «Diese Vorgänge um den Begriff ‘Amerika’ sind höchst verwirrend, erstaunlich und können nur entschieden und wiederholt klargestellt werden.» Also folge ich ihm und wiederhole ihn.

Von der Absurdität, dass sich die USA als «Amerika» bezeichnen
Bei einer genauen Betrachtung wird klar, dass es absurd ist, wenn die USA als «Amerika» und US-Amerikaner:innen sich als «Amerikaner:innen» bezeichnen oder deren Aktivitäten in unseren Medien, heute gar vermehrt, als «amerikanisch» bezeichnet werden – denn dies ist höchstens in einem anderen Sinn zutreffend.
Fest steht, dass es sich beim Begriff «Amerika» um die Bezeichnung eines Doppelkontinents handelt, welcher aus Süd-, Mittel- und Nordamerika besteht. Auf dem Kontinent Amerika gibt es zusammen mit den USA über hundert Nationen mit sehr unterschiedlichen Kulturen, die 982 verschiedene Sprachen aus mehreren Sprachfamilien sprechen; es gibt weder «amerikanische» Einheitssprache noch Kultur und hat sie auch noch nie gegeben.
In einer dekolonisierten, klaren Sichtweise – gerade auch aufgrund der modernen, internationalen Archäologie und Anthropologie – wird darum heute nur noch von «den Amerikas» gesprochen. Spätestens seit den neueren Erkenntnissen über die präkolumbianische Zeit des Kontinents Amerika vor 1491 wurde klar, dass die Amerikas schon Jahrhunderte vor deren Kolonialisierung durch die Europäer viele, weit entwickelte und faszinierende Hochkulturen hervorgebracht hatten.
Hiermit ist klar, dass es eine eigentliche Absurdität ist, dass die USA «Amerika» sind oder sein wollen, da die USA und die US-Amerikaner:innen unmöglich stellvertretend für sämtliche anderen Kulturen und Nationen des Kontinents gelten bzw. sprechen können. Die synonyme Verwendung von «Amerika» gleich USA hält sich hartnäckig schon seit der Staatsgründung der USA und deren Entwicklung zu einem grossen Global Player; heute umso hartnäckiger, wenn von fragwürdigen, engstirnigen und oft verwirrten US-amerikanischen Nationalisten lauthals und hegemonial – in Ausblendung der beschriebenen Tatsachen – «America First» verkündet wird.
Der Gipfel dieser verzerrten Entwicklung ist allerdings, dass Europa und auch die Schweiz die USA («Amerika») schon länger und trotz der extremen Vorgänge um die aktuelle Administration als eine eigentliche Lifestyle-Leitkultur angenommen zu haben scheinen und sich oft von US-amerikanischen, oft sehr einseitigen, polarisierten und sehr seichten Darstellungen von deren Werten und Lebensweisen überfluten und beeinflussen lassen – und so einen regelrechten, freiwilligen und grösseren «Kultur-Downgrade» vollziehen.
Diese Vorgänge um den Begriff «Amerika» sind höchst verwirrend, erstaunlich und können nur entschieden und wiederholt klargestellt werden.
Amerika gibt es nicht
Vor einem Monat haben wir uns mit Werner, Fee, Eisbär, Dr. Wolf und den Persianern über unsere Gedanken zu Amerika ausgetauchst. Entstanden ist die August-Ausgabe von «keine Neuigkeiten». Dazu gehörte auch eine «Transkription», die sich der amerikanischen Lüge widmet – auch diese Geschichte sollte wiederholt erzählt werden.
Im Klassik-Blog «Klassik begeistert» sind wir inzwischen auf den Soundtrack zur Krise gestossen. Dort hat Andreas Schmidt am 3. Juni 2020 Folge IV mit dem Titel «This is not Amerika» veröffentlicht.
Zum gleichnamigen Song von David Bowie schreibt er: «Der Engländer David Bowie verbrachte einen Grossteil seines Lebens in den USA. Und er war nicht blind». Blogger Andreas Schmidt empfiehlt ein Cover von Bowies Song von Oliver Cosmann: Eine schöne, traurige Interpretation, die sehr gut zur aktuellen Lage passt.
This is not America
Das ist nicht Amerika
A little piece of you
Ein kleines Stück von dir
The little peace in me
Der kleine Frieden in mir
Will die (this is not a miracle)
Wird sterben (das ist kein Wunder)
For this is not America
Denn dies ist nicht Amerika
Blossom fails to bloom this season
Die Blüten blühen in dieser Saison nicht
Promise not to stare too long
Versprich, nicht zu lange zu starren
For this is not the miracle
Denn dies ist kein Wunder
There was a time
Es gab eine Zeit
A storm that blew so pure
Einen Sturm, der so rein wehte
For this could be the biggest sky
Denn dies könnte der grösste Himmel sein
And I could have the faintest idea
Und ich könnte die schwächste Ahnung haben
For this is not America
Denn das ist nicht Amerika
This is not America (no)
Das ist nicht Amerika (nein)
This is not (sha, la, la, la, la)
Dies ist nicht (sha, la, la, la, la)
Snowman melting from the inside
Ein Schneemann, der von innen schmilzt
Falcon spirals to the ground (this could be the biggest sky)
Ein Falke, der sich spiralförmig auf den Boden stürzt (dies könnte der grösste Himmel sein)
So bloody red, tomorrow's clouds
So blutrot, die Wolken von morgen
A little piece of you
Ein kleines Stück von dir
The little piece in me will die (this could be a miracle)
Das kleine Stück in mir wirs sterben (das könnte ein Wunder seine)
For this is not America
Denn das ist nicht Amerika
There was a time
Es gab eine Zeit
A wind that blew so young
Einen Wind, der so jung wehte
For this could be the biggest sky
Denn dies könnte der größte Himmel sein
And I could have the faintest idea
Und ich könnte die schwächste Ahnung haben
For this is not America
Denn dies ist nicht Amerika
This is not America (no)
Das ist nicht Amerika (nein)
This is not (sha, la, la, la)
Das ist nicht (sha, la, la, la)
In einem anderen Lied mit dem gleichen Titel singt Residente darüber, dass Amerika von Feuerland bis Kanada reicht und wie hohl es ist, die USA für Amerika zu halten – als ob Marokko allein Afrika wäre. Er stellt also entschieden und wiederholt klar, wie es Thomas Rüedi fordert.
Residente stammt aus Puerto Rico – dem grössten und einwohnerstärksten Aussengebiet der USA, das seit 1493 (spanische Herrschaft) und 1898 (Machtübernahme der USA) auf politische Gleichberechtigung wartet.
Der Musiker mit dem bürgerlichen Namen René Pérez Joglar kann auch leisere Töne anschlagen, zum Beispiel im Song Que Fluya über die Liebe in einer untergehenden Welt mit Arcángel, aufgewachsen als Austin Agustín Santos in New York mit seiner dominikanischen Mutter. Die Dominikanische Republik liegt westlich von Puerto Rico in der Karibik und gehört zum amerikanischen Doppelkontinenten.





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