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Rauchende Kinder und offene Herzen

Die Glarner Gemeindefusion von 2011 ist die weitreichendste Gebietsreform der Schweiz in jüngerer Zeit. Nebst dem politischen und finanziellen Aspekt, gehört zur Fusion auch der gesellschaftliche Prozess.


Dabei helfen durchaus die Jubiläumsbänkli in jedem Glarner Dorf zum Innehalten, aber auch das kulturelle Angebot im ganzen Glarnerland, das sich sehen lässt.



10 kulturelle Erlebnisse zum Zehnjährigen


Auch für mich ist 2021 ein Zehnjähriges. Seit 2011 lebe ich im Kanton Glarus. Es war ein positiver Kulturschock. Zwar war es zuerst die Natur, die mich vom Glarnerland überzeugte. Kaum war ich da, war es aber ebenso die Kultur. Von ihrer Vielseitigkeit und Reichhaltigkeit war ich erst mal überrascht.


Deshalb gibt es hier eine kleine Kultur-Top-10-Serie. Die dritte und vierte meiner bleibenden kulturellen Erfahrungen im Glarnerland gehören zum Brauchtum und wiederholen sich jedes Jahr.


Fridolinstag


Etwas überraschend ist der Fridolinstag am 6. März kein offizieller Feiertag im Glarnerland. In meinem Heimatdorf Einsiedeln wäre das bestimmt anders – ist es mit dem Meinradstag am 21. Januar auch.


Überraschend auch: In Einsiedeln ist der Abschluss der Fasnacht das Pendant zu den Fridlisfüür im Kanton Glarus. Hier hängt die Feuertradition mit dem Gedenken an den heiligen Fridolin zusammen.


Die Glarner vereinen den ursprünglich heidnischen Brauch zur Vertreibung des Winters mit dem christlichen Gedenken an den Landespatron. Zumindest früher durften die Kinder an diesem Tag rauchen. Überhaupt sind die «Fridlisfüür» eher etwas für Schüler:innen. Bisher war ich nur einmal als Zaungast dabei.



Genau gesagt, war ich sogar zweimal dabei. Am 6. März 2017 entzündete sich auch auf dem Grossmünsterplatz in Zürich ein Fridolinsfeuer. Damals brachten die Glarner ihr Feuer nach Zürich, das ein paar Wochen später dem «Böögg» auf dem Sechseläuteplatz den Garaus machte.


In der Gemeinde Glarus freut man sich auf den Fridolinstag noch aus einem anderen Grund: Um den 6. März scheint die Abendsonne nach dem winterlichen Tiefstand wieder aus dem Klöntal auf Glarus.


Adventsfenster


Im Dezember entstehen vielerorts besondere Adventskalender. Auch in Glarner Dörfern öffnen sich zwischen dem 1. und 24. Dezember täglich neue Adventsfenster, an manchen Orten sogar die Türen.


Die teilnehmenden Haushalte und Organisationen geben ein besonderes Signal mit ihren Adventsfenstern. Gestalter und Gastgeber öffnen in dieser Zeit nicht nur Fenster und Türen, sondern auch Herzen – ihre eigenen, die der Gäste und die der Vorbeiziehenden.



In Zeiten der globalen Verunsicherung sind Adventsfenster ein wertvoller lokaler Schatz – und in einer misstrauischen Zeit sowieso. Leider durften im Advent 2020 die Häuser ihre Türen und die Menschen ihre Herzen nicht öffnen. Der Grund: die Corona-Einschränkungen.


2020 entschied ich mich deshalb, aus meinen eigentlich zwei Fenstern ein verschobenes und ein zukünftiges Adventsfenster zu machen. In beiden Fenstern hingen künstliche Tannenbäume im Sturzflug. Im verschobenen Fensterraum gesellten sich Elefanten dazu. Im zukünftigen Teil bat ich die Menschen, ihren Wunsch für das nächste Adventsfenster in meinen Briefkasten zu legen.


Quelle: Dieser Beitrag basiert auf meiner Top 10 im Kulturblog der Glarner Agenda.

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