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AutorenbildWerner

Maskentragen und Komasaufen

Die Glarner Gemeindefusion von 2011 ist die weitreichendste Gebietsreform der Schweiz in jüngerer Zeit. Nebst dem politischen und finanziellen Aspekt, gehört zur Fusion auch der gesellschaftliche Prozess.


Dabei helfen durchaus die Jubiläumsbänkli in jedem Glarner Dorf zum Innehalten, aber auch das kulturelle Angebot im ganzen Glarnerland, das sich sehen lässt.



10 kulturelle Erlebnisse zum Zehnjährigen


Auch für mich ist 2021 ein Zehnjähriges. Seit 2011 lebe ich im Kanton Glarus. Es war ein positiver Kulturschock. Zwar war es zuerst die Natur, die mich vom Glarnerland überzeugte. Kaum war ich da, war es aber ebenso die Kultur. Von ihrer Vielseitigkeit und Reichhaltigkeit war ich erst mal überrascht.


Also gibt es dieses Jahr und hier eine Kultur-Top-10. Auch die fünfte und sechste kulturelle Erfahrungen im Glarnerland wiederholen sich jedes Jahr – ausser während einer Pandemie – und stehen auch für die saisonalen Übergangszeiten, den Frühling und den Herbst.


Fastnachtszeit


Im Kanton Glarus ist die Fasnacht kaum aus dem kulturellen Jahreskalender wegzudenken – sofern nicht gerade Pandemie mit Veranstaltungseinschränkungen herrscht.


2020 und 2021 ist sie deswegen offiziell ausgefallen. Zwar nicht ganz wie an der verbotenen Fasnacht in Einsiedeln, aber ganz im Kleinen fand sie trotzdem statt. Der eine und die andere zogen mit Leiterwagen durch das Dorf. So reduziert würde mir Fasnacht eigentlich ganz gut gefallen.



Fasnächtler bin ich selber nämlich überhaupt nicht, aber so richtig lässt sie mich eben auch nicht los. Wie auch? Mit ihren zahlreichen Fasnachtsvereinen gehört die Glarner Fasnacht zu den grössten ihrer Art.


Und sie dauert wirklich sehr, sehr lange. Vom 11.11. bis in den März hinein. Ein Maskenball und ein Nachtumzug folgen dem anderen. Zu den Höhepunkten zählen die katholisch geprägte Näfelser Fasnacht vom «Schmudo» bis zur «Uslumpetä» sowie der Sternmarsch mit Monsterkonzert im Hauptort Glarus. Es gibt sogar eine Sommerfasnacht.


Meinen ersten «Spätfritig» – so heisst der Fasnachtstag in meinem Dorf – erlebte ich 2012, meinen bisher letzten 2019. An diesem Freitag im Jahr wird schon am Nachmittag die Tribüne für den Speaker direkt vor meinem Fenster aufgestellt und bald schon dröhnt die Musik aus den Boxen – Stunden bevor der Nachtumzug beginnt und ganz ohne Publikum.



Um keine Spur von Ärger über das Dauerdröhnen der «Musik» aufkommen zu lassen, habe ich mich in den letzten Jahren dazu entschlossen, auf meine Art mitzumachen. Zum Beispiel im Garten direkt an der Umzugsroute steht schon mal eine Flasche Weisswein bereit. Und die beiden Fenster an der Strasse sind meistens auch dekoriert.


Bis dann der Umzug an Garten und Fenstern vorbeizieht und die Zuschauer sich darum drängen, ist das Ganze für mich schon ziemlich lustig. Nach dem Nachtumzug stellen die Formationen ihre bunten, leuchtenden und wummernden Wagen zu einer Art Burg auf – mich erinnert das an Partys in besetzten Arealen in Zürich.


Chilbizeit


Zum Ende der Sommerferien geht jeweils die Chilbi-Saison los. Die Glarner Chilbi-Kultur lässt sich grössentechnisch kaum mit urbanen Jahrmärkten messen, punktet aber atmosphärisch mit authentischem Background.


An den Glarner Chilbis stellen nicht nur Schausteller ihre Bahnen zur Schau, sie sind ein Treffpunkt für Einheimische, Zugezogene, Heimwehglarner, Chilbi-, Kultur- und Kulinarik-Fans. So gut wie im Wochentakt steht bis Ende Oktober eine Chilbi nach der anderen in den Dörfern auf dem Programm.



Den Ruf der Beliebtesten hat die Chilbi Ennenda. Die Jüngste ist die Beton-Chilbi, an der im Skatepark auf dem Gelände der Lintharena Näfels gefestet, geskatet, Musik gemacht, gehört, gestaltet und getanzt wird.


In meinem Dorf behaupten einige der Chilbi-Verantwortlichen, sie hätten ihr Konzept in Einsiedeln entdeckt. Tatsächlich haben die zahlreichen Zelte und Stände der Ennendaner Vereine und ihr grenzenloses Food-Angebot etwas von der Einsiedler Chilbi.


Ein paar Jahre lang wagte ich mich in der «Bierschwemme» hinter den Tresen . Dort ging es in erster Linie darum, ein schönes «Rugeli» nach dem anderdn aus dem Zapfhahn zu pressen. Zur Abwechslung stand zwischendurch auch ein «richtiges» Kaffi Lutz auf dem Zettel der «Serviertochter». Oder eine Gerstensuppe als Rettungsversuch aus dem angetrunkenen Koma.



Quelle: Dieser Beitrag basiert auf meiner Top 10 im Kulturblog der Glarner Agenda.

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