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Gratwanderung

Autorenbild: BriefwechselBriefwechsel

Olivers Brief ist da! Ich lese ihn, während ich ihn veröffentliche. Die dicke Post ist noch warm wie frische Weggli und kommt gerade richtig.



Lieber Werner

 

Dein Brief vor dem Nationalfeiertag, es ist schon eine Weile her, hat mich sehr gefreut. Auch wenn deine Antwort auf meinen letzen Brief lange auf sich warten lassen hatte. Und so revanchiere ich mich nun mit einem ebenfalls späten Brief. Unsere Treffen zwischenzeitlich mit regem Austausch jeweils haben mich darüber hinweg sehen lassen. Ich bin sehr dankbar dafür, dennoch möchte ich die Vorzüge des schriftlichen Austausches auskosten und hoffe, dass es ebenfalls in deinem Sinne ist, wenn wir uns weiterhin auch auf diesem Weg austauschen.

 

Ein Vorteil des «Briefschreibens» dünkt mich das ungestörte Entwickeln und Ausbreiten von Argumenten, Denkweisen, Hinweisen, Befindlichkeiten und Stilelementen. Etwas Eitelkeit und Sendungsbewusstsein spielt sicherlich auch mit. Und das erhoffte Mitlesen von Interessierten ebenso.

 

Nun hast du mit deinem «Brief» – es ist früher auch schon geschehen, doch dieses Mal so direkt und ungeschminkt wie nie – diese beiden Sphären (Brief und Live-Austausch) zu vermischen begonnen, bzw. im Brief auf unser Treffen reagiert – wunderbar und spannend! Ja, wir haben uns über Politik im Allgemeinen gezofft und auch, weil ich deine Partei, die SP, heftig kritisiert hatte.



Nur um allfällige Zweifel noch auszuräumen: Es geht mir nicht um deine Motivation oder diejenige vieler anderer, wenn sie im guten Willen und in der Liebe gründet, wie du schreibst. Ich anerkenne diese Motivation sehr. Ich hoffe und wünsche mir allerdings, dass sich alle Politikmenschen bewusst sind, dass die anfänglich wohl hehre Motivation täglich neu gelebt und belebt werden muss, eine Art ständige Erneuerung und Beweis des Schwurs. In jeder einzelnen Entscheidung. In der Arbeitsweise mit echtem Bemühen für eine verantwortungsvolle Qualität. Schliesslich bürden sich gerade Politikmenschen eine weitergehende Verantwortung auf. Aber auch ich und andere stehen täglich vor der Herausforderung, unseren Idealen gerecht zu werden.

 

Ebenso die Medien durch ihre wichtige Funktion. Und da verorte ich schwere Defizite auch in anderen Themenbereichen als Corona, welche meiner Diagnose nach in unsachgemässer Informationsbeschaffung und hirnlosem Nachbeten von irgendwelchen Narrativen gründet. Seit Bestehen des Internets wiegt bei mir dieser «Tatbestand» schwerer, weil es einfacher ist, an Informationen heranzukommen. Deshalb habe ich auch WOZ und Republik vor zwei Jahren abbestellt. Ich spende stattdessen lieber an Medien wie Infosperber, Nachdenkseiten, Multipolar, Zeitpunkt und tkp, die immer wieder erfrischend andere und sehr bedenkenswerte Perspektiven und Einordnungen bieten. Und mich dünkt, sie recherchieren seriös.



Bei vorgenannten Themen gibt es neben der Verschwörungskeule, die im Endeffekt eine Diskussion verhindern will, andere nette Wortkonstrukte, Schimpfworte und Klassifikationen zum selben Zweck: Putin-Troll, Nazi, Wissenschaftsleugner, rechtsextrem (meiner Beobachtung nach sehr leichtferig ausgeteilt unterdessen), Klimaleugner, Desinformation, Hass(rede)….dabei dachte ich bisher, wir lebten in einer Demokratie, deren Hauptmerkmal eine offene Diskussion sei, wo man auch Meinungen und Beurteilungen ertragen muss, die dem eigenen Wissen und der eigenen Erfahrung widersprechen. Und wohl nicht erst seit unseren Erfahrungen mit Religion oder ihrer Anwendung wissen wir, dass Tabus keine gute Strategie für einen ergebnisoffenen Dialog sind.



Dieses Lied macht mich glücklich und zeigt mir, dass es so wichtig ist, mit sich selbst und der Welt sorgfältig umzugehen!

 

Lieber Werner, der von dir zur Corona-Zeit festgestellte Informationskrieg dauert meiner Wahrnehmung nach leider an. Das Klima empfinde ich als überaus toxisch bei einigen Themen, und gerade auch etliche Exponenten von Links-Grün gifteln da kräftig mit. Sind halt auch nur Menschen. Und sie stützen sich vermutlich auf 08/15-Medien und allgemein verbreitetes Wissen ab und merken vielleicht nicht, wie die vermeintlich unabhängigen Medien seit Jahrzehnten im Visier von Interessensgruppen sind. Kein Wunder, sind die Medien doch eine wichtige Infrastruktur. Diejenigen, welche nun «Verschwörungstheorie» rufen, betreiben entweder Vogel-Strauss, weil solche Fakten ihrem heilen Weltbild widersprechen, oder sie sind Teil davon. Oder eine Mischung von beidem. Es gibt Menschen und Organisationen, welche ich als integer beurteile, die dazu viel Arbeit aufgewendet und Erstaunliches berichtet haben.



Ihnen allen ist die Feststellung gemeinsam, dass die offizielle Doktrin der NATO-Sichtweise entspricht.



Wir müssen wieder zu Dialog finden und andere Meinungen respektieren.

 

Nochmals komme ich auf die Verantwortung von Politikmenschen zurück. Und ihr Demokrativerständnis abseits von 1.-August-Reden. Vor dem nachfolgenden Screenshot muss ich noch kurz erklären, dass im Moment die Weltgesundheitsorganisation WHO die internationalen Gesundheitsvorschriften (International Health Regulations, IHR) neu aufsetzt. Diese sind rechtlich bindend, falls ein Land bis diesen Juli keinen Austritt macht. Die WHO wurde 2023 zu rund 45 Prozent von privaten Organisationen und Stiftungen finanziert (Info von chat-gpt). Unter anderem kann der WHO-Generaldirektor einen weltweiten Gesundheitsnotstand eigenmächtig ausrufen dürfen, bei welchem alle Vertragsparteien an die Anordnungen und Massnahmen der WHO gebunden sind (Lockdowns, Reiseverbote, Medikamentation, etc.). Das heisst, die entsprechenden Regulierungen (Verfassungen, Gesetze etc.) aller Mitgliedstaaten werden übergangen. Zudem wird der WHO die Kompetenz übertragen, die entsprechende Kommunikation in diesen Themen zu lenken (Stichworte: Fehlinformationen, Desinformationen). Einen guten Überblick zum Thema bietet dieser Artikel, wenn auch von 2023 aber in den Grundsätzen hat sich meines Wissen seither wenig geändert.

 

Nun zum Demokratieverständnis des schweizerischen Parlaments bezüglich WHO:


»Nach der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrats (APK-N) hat Ende letzter Woche nun auch die Gesundheitskommission der grossen Kammer den Änderungen der Internationalen Gesundheitsvorschriften (IGV) grünes Licht erteilt. Die Änderungen, die die Weltgesundheitsversammlung im vergangenen Sommer angenommen hat, sind im Falle der Übernahme für Staaten «rechtlich bindend». Sie erlauben es der Weltgesundheitsorganisation (WHO), künftig noch stärker als bisher die nationale Gesundheitspolitik der einzelnen Länder mitzubestimmen. In der Gesundheitskommission stösst das auf Anklang. Mit 16 zu 8 Stimmen lehnte es die Kommission ab, den Bundesbeschluss zu den IGV-Änderungen dem Referendum zu unterstellen. Just dies hatten Kommissionsmitglieder der SVP gefordert, blieben jedoch chancenlos. Wenige Tage zuvor war bereits ein ähnlicher Antrag in der APK-N gescheitert.» Die Weltwoche, 22. Januar 2025

Zusammengefasst: alles ausser der SVP haben sich gegen ein «freiwilliges», also automatisches, Referendum ausgesprochen. Das macht mich traurig, denn es geht um eine ganz grosse Kiste. Lieber Werni, verstehst du, weshalb ich so hadere mit den Linken und Grünen? Jedenfalls geht mir die Anhäufung der Macht für die WHO zuweit und ich habe diese Petition der EDU unterschrieben.

 

Und weiter frage ich mich, ob die Demokratie, so wie sie bei uns organisiert ist, und die zweifelsohne zurzeit etwas vom Besseren ist, das auf diesem Planeten existiert, nicht doch reformbedürftig ist? Corona hat mich in dieser Haltung massiv bestärkt. Und nein, «wir haben es nicht besser gewusst, es war was Neues» gilt nicht für mich. Es gab einige andere valable Stimmen, die ausgegrenzt wurden. Und ich wäre froh, das nicht nochmals erleben zu müssen: dass Politiker und andere Influencer in der Schweiz darüber sinnieren, ob Menschen ohne Einnahme eines experimentellen Medikaments (jedenfalls nach bisherigem Verständnis der Sicherheit von Medikamenten) speziell gekennzeichnet werden sollen, oder ob sie zweite Wahl bei der Aufnahme in die Intensivstation sein sollen, oder dass sie sich zeitweise nicht mehr ohne kostspieligen und zweifelhaftem Test am öffentlichen Leben beteiligen durften.

 

Es geht mir nicht um Nachtragendsein. Es war für mich eine Blaupause der zivilisatorischen Beschaffenheit der Gesellschaft, worin ich lebe, und ich habe da einen massiven Vertrauensverlust erlitten. Aber es hat mich auch vor Dogmen befreit und mir neue Horizonte eröffnet und gezeigt, dass Gut und Böse so nicht existieren und ich versuchen muss, meine eigenen Scheuklappen loszuwerden. Und so unterschreibe ich auch EDU-Petitionen nun ;-) Wenn die schon mal meine Interessen vertreten, lach.

 

Trotz allem, geniessen wir das Leben!



Dennoch bin ich dir dankbar, dass du diese Mühe des Polit-Betriebs auf dich nimmst. Und ich wünsche dir, dass du diesen Weg froh und authentisch gehen kannst, und weiterhin nicht darauf schielst, was wo wie ankommt, auf deine innere Stimme, dein Gewissen, dein Herz achtest und dich nicht von den Abseitigkeiten und Abhängigkeiten dieser Branche ablenken und vereinnahmen lässt. Auch wenn ich davon ausgehe, dass je länger je mehr handfeste (und in moralischem Gewand gut versteckte) wirtschaftliche Interessen massiv Druck auf demokratische Institutionen und den Diskurs ausüben und es selten die ganz Guten bis ganz Oben schaffen.


An ihren Taten sollt ihr sie erkennen (Bibelspruch)



Um diesen und anderen Risiken, wie der aktuelle Polit-Betrieb aufgegleist ist, zu begegnen gibt es nun den Verein Losdemokratie, der das Losprinzip in der Politik einführen möchte: Politikmenschen werden nicht mehr gewählt sondern (aus Freiwilligen) ausgelost. Für mich ein sehr bedenkenswerter Ansatz und ich werde dort eine Mitgliedschaft lösen.

 

Ausserdem: ich arbeite in einer NGO, die sehr politisch unterwegs ist, und ich bin Feuer und Flamme für ein Initiativprojekt, das wir mitlanciert haben. Trotzdem bin ich immer wieder ernüchtert, aufgrund zig Dingen, die mir in diesem Prozess begegnen, da es auch in meiner «Bubble» sehr menschelt.

 

Wie auch immer, mich dünkt, ich bin auf einer Gratwanderung, die Balance zu finden zwischen meiner Weltverbesserungsveranlagung, wie mit diesem Brief, und ganz einfachen, unspektakulären Dingen: das Abendrot geniessen, Liebe, Verständnis und Zuneigung anderen Menschen zukommen lassen, Meditation und anderer Innenschau nachgehen, ein feines Znacht für liebe Menschen zubereiten, dankbar dafür sein am Morgen, dass ich gesund bin und es mir gut geht…...

 

Lieber Werner, ich freue mich auf unseren nächsten Kontakt, online oder live, immer schön. Danke, dass es dich gibt!

 

E herzlichi Omarmig

Oliver

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