Die Musik weist manchmal auf sonderbare Wege. Zum Palmsonntag bin ich auf Songs und Geschichten gestossen, die heute irgendwie zusammengehören.
Im Frühling 1968 gewann Mary Hopkin einen Fernseh-Talentwettbewerb. Wenige Tage danach kam es zu Probeaufnahmen. Im Sommer 1968 veröffentlichte das Label Apple Records ihren Song Those Were the Days gleichzeitig mit dem Beatles-Hit Hey Jude.
Die Melodie von Mary Hopkins Lied beruht auf dem russischen Original Dorogoi Dlinnoju – entlang der langen Strasse – das Alexander Wertinski schon vor der Oktoberrevolution sang.
Those Were The Days wurde zur erfolgreichsten Veröffentlichung des Labels Apple Records, die nicht von den Beatles selbst stammte, und beginnt mit den Zeilen:
Once upon a time there was a tavern Where we used to raise a glass or two Remember how we laughed away the hours And dreamed of all the great things we would do
Heute, im zweiten Jahr der Corona-Pandemie, steht die Schliessung der Restaurants – oder eben der Tavernen – für eine der grossen Sorgen der Menschen. Restaurants sind Treffpunkte, wo Menschen unter Menschen sind, sich austauschen oder einfach nur da sind, um nicht alleine zu sein:
Through the door there came familiar laughter
I saw your face and heard you call my name
Oh, my friend we're older but no wiser
For in our hearts the dreams are still the same
Im Video singt Mary Hopkin das Lied in einer Taverne. Zum Ende stellt sich heraus, dass sie alleine darin sitzt.
Bei all der Melancholie des Songs und der Traurigkeit, welche die Pandemie mit sich bringt, zeichnet sich auch Zuversicht ab. Im Song sowieso und während der aktuellen Krise zum Beispiel damit, dass sich einer mutigen Frau die Möglichkeit bot, umzusteigen und ein Restaurant zu übernehmen. Sie erfüllte sich damit einen Traum. Vermutlich gibt es zahlreiche solcher Geschichten.
Zurück nach 1968 und zum anderen Song, der gleichzeitig herauskam. Paul McCartney schrieb Hey Jude ursprünglich für seinen Sohn Julian. Jude ist die englische Form des Namens Judas.
Zweitausend Jahre zurück und zurück ins Heute: Am Palmsonntag feiern Christen den Anfang der Karwoche. Jesus ging an diesem Tag mit seinen Jüngern zum jüdischen Passafest nach Jerusalem.
Auf dem Weg versammelten sich immer mehr Menschen, schnitten Zweige von Palmen ab und streuten sie auf den Weg. Für die römischen Besatzer war dieser Empfang eine Provokation.
Fünf Tage später starb Jesus von Nazareth, König der Juden, am Kreuz. Zuvor hatte ihn einer seiner Jünger verraten. Judas glaubte nicht, dass ein Träumer wie Jesus das jüdische Volk von der römischen Besatzung erlösen konnte.
Jerusalem ist auch während der Corona-Pandemie zum Symbol für Erlösung geworden. Der Zulu-Song Jerusalema brachte 2020 die ganze Welt zum Tanzen. Der Titel steht für einen Sehnsuchtsort, einen Ort der Hoffnung. Der Song hat seinen viralen Erfolg einer essenden Tanztruppe aus Angola zu verdanken.
Jerusalem bedeutet Stadt des Friedens. Sie ist die Hauptstadt Israels. Ihr östlicher Teil beansprucht Palästina als Hauptstadt. Israel gilt als Weltmeister in Sachen Impfstrategie im Kampf gegen das aktuelle Coronavirus. Im benachbarten und zum Teil von Israel besetzten Palästina kommt die Impfkampagne nur schleppend voran.
Schön Werner, Inspiration und Hoffnung!