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Pas pour moi

Aktualisiert: vor 11 Stunden

Gut genug ist mein Französisch nicht, um einen ganzen Beitrag in dieser Sprache zu schreiben. Für einen abgekupferten Titel reicht es aber.


Der Titel gehört zum Schweizer Beitrag am Concours Eurovision de la Chanson (heute ESC) von 1986 in Norwegen. Es war vermutlich mein fünftes Mal, dass ich mich dem Gesangswettbewerb hingab.


Unklares erstes Mal


Das erste bewusste Mal war 1982. Damals gewann Deutschland mit «Ein bisschen Frieden». Oder war es 1981 mit «Making your Mind up» (UK) oder sogar 1979 mit «Hallelujah» (Israel) als Sieger:innen? Wie auch immer: An meinem ersten überhaupt möglichen ESC gewann 1974 (natürlich) Schweden.



Apropos erstes Mal und was nun wirklich alle wissen: Den ersten Grand Prix Eurovision de la Chanson gewann die Schweiz 1956 mit Lys Assias «Refrain».


Aufgeregt für die Schweiz


Zwölf Jahre nach «Waterloo» war ich bald 13. Mit Daniela Simmons am Start zählte die Schweiz 1986 zu den Favorit:innen. Ich fieberte für «Pas pour moi» und lernte das etwas ungewohnte, aber durchaus angenehme Gefühl kennen, das bei anderen Skirennen oder Fussballspiele auslösen.


Ich sass die ganze Show lang allein im Wohnzimmer auf dem Sofa, war total nervös während ihres Auftritts, mein Atem stockte und meine Augen wollten nicht hinsehen aus lauter Angst, dass sie es verkackt. Das tat sie nicht.



Pas pour moi, toutes les aventures Pas pour moi, rendez-vous faciles Pas pour moi, les combines au bout d'un soir au disco

Pas pour moi, je suis intolérante

Avec qui me fait des avances N'importe où, soit à l'opéra ou dans le métro


Moi, je veux un amour écrit en majuscules

Moi, je veux une histoire pour une vie


Ce n'est pas ça qui me fait décrocher les ailes

Un jeu pour une nuit, non, ce n'est pas ça


Je veux l'amour, l'amour comme il était une fois Sublime sentiment, c'est ça que je veux de toi


Pas pour moi, les extravagances

Des parties, de certaines vacances Des folies qu'on regrettera d'avoir faites dans la vie


Pas pour moi, je suis méfiante

De ceux qui ont des expériences

Non merci, tout cela n'est vraiment pas fait pour moi


Moi, je veux un amour écrit en majuscules

Moi, je veux une histoire pour une vie


Ce n'est pas ça qui me fait décrocher les ailes

Un jeu pour une nuit, non, ce n'est pas ça


Je veux l'amour, l'amour comme il était une fois

Sublime sentiment, c'est ça que je veux de toi


Je veux l'amour, l'amour comme il était une fois

Sublime sentiment, c'est ça que je veux de toi

Et pourquoi ce n'est pas ça?


Mir gefiel dieses Liebslied, und ich mochte die Dramatik am Schluss. Ja genau: Je veux l'amour! Écrit en majuscules! Die folgenden Auftritte des Abends fand ich nur noch langweilig. Ich wartete bloss auf die Punktevergabe.


Überbrückung bis zur Punktevergabe


Unterhalb des Wohnzimmers, das wir Saal nannten, sassen im Restaurant die Gäste, tranken und quatschten. Manchmal ging einer von ihnen hoch zur Toilette. Durch einen Spalt in der Wohnzimmertüre versuchte ich dank der offenen Toilettentüre einen Hauch von Mann am Pissoir zu erblicken.


Tatsächlich gelang es mir, für eine Nanosekunde eine reibende Hand vor einer offenen Hose zu erkennen – vielleicht mit Hilfe von Wunschdenken. Jedenfalls masturbierte ich nach diesem Hauch mit der Fantasie, dass der Mann mich zu sich ans Pissoir bittet. Das überbrückte ausserdem die Wartezeit bis zur Punktevergabe.



Als Daniela Simmons schlussendlich Zweite wurde und ein Mädchen in meinem Alter für Belgien mit «J'aime la vie» gewann, war ich mir sicher: Ich hätte nicht masturbieren dürfen. Und schon gar nicht mit diesen Gedanken: Ce n'est pas pour moi! Je veux l'amour!


Verwechselte Verwechslungsgefahr


Vermutlich habe ich unter anderem aus dieser Erfahrung mitgenommen, dass die Lust auf Schwänze nichts mit Liebe zu tun hat. Zudem: Ein halbes Jahr zuvor starb mit Rock Hudson der Frauenheld der Leinwände (Bettgeflüster, 1959) an Aids und wurde auch gleich als schwuler Mann geoutet. Also definitv: Pas pour moi!


Erst Jahre später outete sich mit Richard Chamberlain ein anderer Leinwand-Frauenheld (Dornenvögel, 1983). Er starb kürzlich im Alter von 91 Jahren. Trotzdem redete ich mir als Jugendlicher ein, dass ich mich nur in Frauen verlieben könne, und mit Männern nur Sex haben wolle – also nicht schwul sei, weil ich sonst Aids kriegen und daran sterben würde.


Zum Glück habe ich mit meinem ursprünglichen Irrtum dann doch nicht mein Waterloo erlebt.


Unschlagbare Erinnerung


Zwei Jahre nach Daniela Simmons gewann die Schweiz den ESC mit «Ne partez pas sans moi» und Céline Dion. Ich freute mich, aber die aufregende Pissoir-Erinnerung macht 1986 für mich unschlagbar – trotz verändertem Musikgeschmack.



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