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Die kleinste und die grösste Hauptstadt rocken

Die Glarner Gemeindefusion von 2011 ist die weitreichendste Gebietsreform der Schweiz in jüngerer Zeit. Nebst dem politischen und finanziellen Aspekt, gehört zur Fusion auch der gesellschaftliche Prozess.


Dabei helfen durchaus die Jubiläumsbänkli in jedem Glarner Dorf zum Innehalten, aber auch das kulturelle Angebot im ganzen Glarnerland, das sich sehen lässt.



10 kulturelle Erlebnisse zum Zehnjährigen


Auch für mich ist 2021 ein Zehnjähriges. Seit 2011 lebe ich im Kanton Glarus. Es war ein positiver Kulturschock. Zwar war es zuerst die Natur, die mich vom Glarnerland überzeugte. Kaum war ich da, war es aber ebenso die Kultur. Von ihrer Vielseitigkeit und Reichhaltigkeit war ich erst mal überrascht.


Drum gibt's hier meine Glarner Kultur-Top-10. Meine siebte kulturelle Top-Erfahrung fand bisher 13 Mal im Kantonshauptort. Die achte ging 2017 recht einmalig in Zürich über die Bühne.


Alle ans Stadtopenair


Sound of Glarus ist – nach der Landsgemeinde – die grösste Veranstaltung im Kanton Glarus. 4000 bis 5000 Besucher:innen pro Abend werden jedes Mal von internationalen, nationalen und lokalen Acts musikalisch verwöhnt.


Ein Festival dieser Grössenordnung mit einem Line-up, das sich jedes Jahr sehen und hören lässt, ist alles andere als eine Selbstverständlichkeit für den kleinen Kanton Glarus mit seinen 40'000 und die kleinste Hauptstadt mit ihren 6000 Einwohner:innen.



2021 fand Sound of Glarus erstmals auf dem Zaunplatz statt. In früheren Jahren räumten die Glarner:innen kurzerhand ihre Strassen und das Rathaus für die Musik.


Als ich zehn Jahre zuvor im Kanton Glarus ankam, wusste ich noch wenig mit dem Stadtopenair anzufangen. Man trifft sich, man kennt sich. Ich war mich eine andere Musikauswahl gewohnt, war neu und fühlte mich durch den allgegenwärtigen Dialekt fremd.


Der frühe Zuzüger-Komplex hat sich inzwischen gelegt. Das Stadtopenair ist jedes Jahr ein starkes Stück Arbeit und Unterhaltung. Arbeit von einem Team, das alles gibt. Und Unterhaltung von Künstler:innen, die in ihrer Vielfalt jedes Jahr allen etwas bieten.



Jedenfalls entdecke ich am Glarner Stadtopenair jedes Jahr neue Musik für meine Plattensammlung – zum Beispiel 2021 The Hydren – und merke jedes Jahr, wie gross die Freude der Macher:innen und des Publikums ist. Und das ist grossartig.


Glarus am Sechseläuten


Die einen sehnen sich das ganze Jahr danach, die anderen haben dann einfach frei, sofern sie in Zürich arbeiten. 2017 erlebte ich das Sechseläuten hautnah, als Glarus ein einfach grandioser Gastkanton war.


Das Sechseläuten beginnt schon am Freitag mit der Eröffnung, steigert sich Tag um Tag und tatsächlich: Die Verbrennung des Bööggs – das Zürcher Pendant zu den Glarner «Fridlisfüür» – ist der absolute Höhepunkt. Knall und bumm und alles ist vorbei.


Danach übergeben die Zünfte und die Traditionsbewussten den Platz der «anderen» Bevölkerung zum Volksbräteln: 2017 verteilten dort die Glarner Metzger ihre Kalberwürste gratis.



Als ich noch in Zürich wohnte, verschmähte ich das städtische Frühlingsfest. Erst nach sechs Jahren Wegzug erlebte ich 2017 alles vom Anfang bis zum Ende. Das lag vor allem daran, dass ich für den Gastkanton arbeiten und mit einem engagierten Team Vollgas geben durfte.


An den vier strahlend sonnigen Tagen konnte ich mein Open-Air-Office auf dem Lindenhof einrichten, Fotos und Videos machen, posten oder Medien zu den Menschen bringen, die sie gerade interviewen wollten.



So gemeinsam dauerglücklich, wie an diesen vier Tagen, habe ich meine «Mitlandlüüt» weder vorher noch nachher je erlebt. Kein Wunder: Es waren permanent viele Besucher:innen da, die permanent viel konsumierten.


An einen unglücklichen Moment erinnere ich mich dennoch. Ein aufgebrachter Glarner eilte zu mir mit einem Artikel des Tages-Anzeigers, den er von einer Besucherin erhalten hatte. Unter dem Titel «Glarnerbsüechli» handelt er von einem Roadtrip durch die verregnete Glarner Landschaft und begann mit den Worten: Glarus ist ein Autokanton.


Warum sich der Glarner über den authentischen Artikel aufregte, kann ich bis heute nicht nachvollziehen – ob er sich seither darüber Gedanken gemacht hat, weiss ich nicht. Ich bin ihm nie mehr begegnet. Vermutlich nutzen wir verschiedene Verkehrsmittel.


Quelle: Dieser Beitrag basiert auf meiner Top 10 im Kulturblog der Glarner Agenda.

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