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AutorenbildOliver

Mit meinen Idealen in Berührung

Der Brief von Oliver ist eingetroffen. Freude pur. Es geht gleich los.


Lieber Werner

Du siehst, mein Antwortversuch dauert schon länger an. Um unseren Leserinnen und Leser das Zurückblättern zu ersparen, fasse ich deinen Brief kurz zusammen, eigene Interpretation – kein Protokoll! – und antworte darauf.


Du beschreibst, wie eine ehemals dich begeisternde und nahestehende Person dich triggert, und du bist verständlicherweise mit dem Umgang damit und den dazugehörigen schwierigen Gefühlen beschäftigt: Sorgen, Verletzungen etc. Das tut mir sehr leid. Aber du hast die Herausforderung angenommen, hast dich dem gestellt – Chapeau! Du bist nicht geflüchtet. Das ist gut, denn unterdessen weiss ich aus eigener Erfahrung und zig Berichten, dass Heilung und Weiterentwicklung nur geschehen kann, wenn man sich dem Unangenehmen stellt, die dazugehörigen Emotionen wahrnimmt und idealerweise sich nicht darin verheddert, sondern gehen lassen kann. Ich kann von dir lernen, ich neige zur Vermeidung oder Flucht vor komplizierten Situationen.



Interessanterweise hatte ich diesen Sommer, der sehr intensiv war, ähnliche triggernde Erlebnisse, und zurzeit durchlebe ich ein besonders intensives. Das war der Grund für ein kürzliches Treffen in deinen Heimatgestaden mit dir und deinem Mann. Ich bin für diesen Abend sehr dankbar, denn er hat mir durch das Mitteilen und eure Spiegelung Klarheit über meine Situation und eine konstruktivere Ausrichtung dazu ermöglicht bzw. erarbeiten lassen. Und mich wieder mit meinen Idealen in Berührung gebracht.


Mich dünkt, in all unseren Situation, wie von dir und mir beschrieben, und in wohl vielen anderen schwierigen Situationen in einem Menschenleben, geht es um dieselben Probleme, die wir alle miteinander teilen: Fragen zu Nähe und Distanz, Unterschiede, Meinungsverschiedenheiten und Kommunikationsprobleme, unterschiedliche Interessen. Und diese nicht als Angriff zu verstehen. Und trotzdem bei sich selber und seinen Interessen – und in der Liebe, in der Offenheit und der Begeisterung, in der wohlwollenden Akzeptanz zum anderen zu bleiben. Ohne sich abgrenzen, ohne die eigene Verletzlichkeit und Offenheit auslöschen oder verneinen zu müssen. Einen reifen und erwachsenen Umgang damit finden zu können. Vielleicht ist ehrliches Mitteilen einer der Schlüssel dazu (Achtung, ein weiteres Buch)?

Situationen einfach friedfertig akzeptieren, sie (gewaltlos) verändern oder sie dann verlassen. Die Umsetzung dessen, das WIE, ist dann das, was mir schlaflose Nächte bereitet.


Das WARUM ist mir klar: Damit wir unsere Prinzipien, wir sitzen im selben Boot, unser Verständnis von Liebe, von einem guten Miteinander hochhalten können – auch bei Hudelwetter (das Korrekturprogramm schlägt zwar gerade «Nudelwetter» vor). Vielleicht ist es aber auch ein «Trieb», eine Veranlagung, wie sie in unserem «Menschenprogramm» geschrieben sein könnte? Wie es Rutger Bregman in seinem Buch «Im Grunde gut» vermutet.


Darin zweifelt er die Fassadentheorie an und beschreibt mit einigen, tiefer recherchierten historischen Tatsachen und Standardstudien der Psychologie Argumente dagegen. So beispielsweise seien die Resultate des berühmten Milgram-Experiments, welches oft als Beleg für die Fassadentheorie genommen wird, u.a. nur durch unsachgemässe, massive Manipulation (und das ist noch nett formuliert) der Studienteilnehmer entstanden.


Es freut mich sehr, dass dich meine Begeisterung über dieses Buch zum Lesen animiert hat. Du legst zwar eine gehörige Portion Skepsis zu seinen Berichten und Thesen an den Tag. Wer könnte es dir verübeln, nur schon, wenn wir den Zustand dieser Welt anschauen?



Doch, soweit ich weiss, gehen alle spirituellen Traditionen davon aus, dass jeder einzelne Mensch Ausdruck des Göttlichen ist, unser Leben auf einem Funken eines göttlichen, übergeordneten, unergründbaren Lebens- und Liebesprinzips gründet. Zwar wird es halt einfach in Wahrnehmung und Ausdruck durch zig Filter verzerrt. Und weil die Verzerrung so gross ist, und wir «Vergesserlis» spielen (so hat es eine Freundin bezeichnet), unsere göttliche Herkunft vergessen, braucht es wohl das, was im Christentum als «Glaube» bezeichnet wird: das unbeirrbare, fast schon trotzige Bekenntnis zur Freude (nur sehr begrenzt Hedonismus ;-)), Freundschaft und Hinwendung zu dem, was unser aller Herzen gut tut. Auch wenn das Grässliche manchmal näher zu liegen scheint.



Damit bin ich wieder beim WIE: meine Erkenntnis aus diesem Sommer mit Kochen auf dem Holzfeuer bei Meditationsretreats mit Nudelwetter im Alpstall: Selbstfürsorge! Wenn ich in der Fülle bin und in Zufriedenheit, dann kann ich meine Ideale leben. Der Weg dazu ist halt mit Überwindung von Ängsten und schmerzlichen Erfahrungen verbunden. Arbeit. Alles andere führt in noch grösseren Schmerz.


Vielen Dank für dein Zuhören, Lesen... deine Freundschaft!


Warmomarm

Oli


PS: Weil diese Musik, ich habe sie glaube ich auch schon mitgeteilt, für mich derart positive Power verkörpert, nochmals:



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